Die innere Zwickmühle
Hach, ich möchte so gerne. Ich möchte so vieles. Ich möchte gerne Bergsteigen und ich mag die lauen Sommernächte im Freien genießen, bei netten Plaudereien bis nach Mitternacht.
Vergangene Woche war ich in Tirol bei meiner Familie. Eine Option wäre gewesen, eine längere Bergtour zu machen. Am Tag zuvor saß ich gemütlich mit Geschwistern und Nichten zusammen. Ich hatte null Bock aufzustehen, Jause für die Tour zu organisieren und beizeiten ins Bett zu gehen.
Nein, lass uns doch den Moment genießen, sagte eine Stimme in mir.
Die andere Stimme meldete sich am nächsten morgen lautstark: Warum hast du nichts vorbereitet! Ich will hinauf auf den Berg. Du hättest früh aufstehen sollen, dann wären wir jetzt schon über der Waldgrenze. Schau, die Sonne scheint und du lümmelst hier herum.
Lass und doch gemütlich frühstücken. Oh, wie ich ein ausgedehntes Frühstück liebe!
Nur weil du …
Ich fühle mich hin und hergerissen von all den Wünschen in mir, die nicht gleichzeitig erfüllbar sind. Kennst du das auch, diese sich widerstrebenden Bedürfnisse in dir? Erzähl doch in den Kommentaren, wie du damit umgehst.
Wie so oft, wenn wir mit uns selbst unzufrieden sind, suchen wir einen Schuldigen. Der Partner ist eine super Adresse dafür 😆: Nur weil du nicht bergsteigen magst. Und weil du keine Jause eingekauft hast und weil du …
Na Bravo! Schönen Urlaub!
Die Dynamik nimmt so richtig Fahrt auf, wenn auch mein Mann mehrere Sehnsüchte in sich trägt.
Der Raum der Möglichkeiten
Die Urlaubszeit ist prädestiniert für solche Zwickmühlen. Der (Berufs-)Alltag ist strukturiert, der Tag geplant, die Möglichkeiten sind begrenzt. Das – ich möchte so gerne – verschieben wir auf den Urlaub.
Wenn der Raum der Möglichkeiten offen ist, hilft es, die Bedürfnisse beim Namen zu nennen. Zugegeben, das ist nicht immer einfach. Meine täglichen Morgenseiten helfen mir dabei und schenken allen inneren Stimmen Gehör. Journaling ist generell eine super Methode, Klarheit zu finden.
Meine inneren Sehnsüchte sind wie kleine Kinder, manchmal zanken sie sich um ein Spielzeug. Die Mutter fragt zuerst mal, was denn jede will, sucht einen Weg, beide zufrieden zu stellen. Zuerst die eine, dann die andere. Manchmal findet sich eine Möglichkeit des gemeinsamen Spiels.
Schluss mit Dienen
Den Urlaubsplan dann mit dem Partner abzustimmen, ist erst der zweite Schritt. Offene Kommunikation kann erst gelingen, wenn die innere Kommunikation funktioniert.
Gerade wir Frauen haben gelernt, zuerst auf die anderen zu schauen. Klar doch, wenn ein kleines Kind mit vollen Windeln schreit, kann sich keine Mutter die Sonne gemütlich ins Gesicht scheinen lassen.
Aber die Thematik geht über das Individuelle hinaus. Uns Frauen wurde über Generationen gelehrt, wir seien die, die dienen müssen. Als ich vierzehn war, predigte der Pfarre in der Kirche: „Eine Mutter hat selbstlos, aufopfernd zu sein.“
Mir dreht es heute noch den Magen um, bei diesen Worten. Offenbar war das schon damals so, wie sonst hätte ich mir diese Zitat so lange gemerkt.
Würde ich heute noch in die Kirche gehen, müsste ich „NEIN, HAT SIE NICHT“ hinaus brüllen.
Heute lebe ich nach einem anderen Prinzip:
„Deine erste Pflicht ist, dich selbst glücklich zu machen.
Bist du glücklich, machst du auch andere glücklich“
(unbekannt)
Die tägliche Praxis hilft
Also, liebe Sehnsüchte in mir. Ich habe euch gehört. Der nächste Gipfel kommt demnächst dran.
Und ja, liebe Morgenseiten. Ihr seid dem Urlaubsfaulenzer zum Opfer gefallen. Dabei brauche ich euch so, um mir selbst zu zuhören.
Ein gewisses Maß an Struktur ist auch in den Ferien hilfreich.
Wie ist das bei dir? Was hilft dir, um im Urlaub auf deine Rechnung zu kommen. Ich freu mich auf deinen Kommentar.
Zum Weiterlesen:
Die Wirkung der Morgenseiten hat Julia Cameron in Der Weg des Künstlers beschrieben.
Meine geführten Reisen helfen dir, in liebevollen Kontakt mit dir und deinem Inneren Kind zu kommen.
3 Antworten
Oh wieder so schön zu lesen liebe Barbara!
Ich frage mich gern am Morgen, „na wer (welcher Anteil von mir) möchte sich heute melden?“ Ja und dann darf alles ungefiltert aufs Papier fließen und meistens kann ich hiernach mit einem liebevollen Lächeln, an das gehen, was dran ist oder erfüllt werden möchte.
Ich erlaube mir zu auch zu wählen und zu entscheiden.
Herzlichst Katrin
Ja, liebe Katrin – das ist eine feine Praxis – zuerst darf alles da sein, dann wählen. Danke für deinen Beitrag 🙂